Kommentar EWS-Präsident Dr. Ingo Friedrich, 8. April 2020

Angesichts der dramatischen Verschlechtertung der Situation für die Wirtschaft sind die nationalen Regierungen und die EU gefordert, bessere Rahmenbedingungen zu schaffen, dazu gehört auch der Bereich der Steuern.

In der Corona-Krise geht es jetzt um das Überleben zehntausender mittelständischer Existenzen und um soviel Gerechtigkeit bei der staatlichen Unterstützung wie irgend möglich. Ein geradezu ideales Instrument zur Erreichung beider Ziele wäre die Wiedereinführung der steuerlichen Möglichkeit eines „Verlustrücktrages“ und dies schon im laufenden Jahr, wenn sich nachweisen lässt, dass ein Verlust im laufenden Jahr zu erwarten ist und dieser quantifiziert werden kann. Während beim heute schon praktizierten steuerlichen Verlustvortrag der Verlust des abgeschlossenen Geschäftsjahres mit dem Gewinn des Nachfolgejahres verrechnet, also in Abzug gebracht werden kann, ist ein Verlustrücktrag nicht in jedem Land möglich oder wie in Deutschland der Höhe nach beschränkt.

Nötig wäre es angesichts der jetzt dramatischen Wirtschaftseinbrüche die Möglichkeit des Verlustrücktrages auszuweiten. Der jetzt erwartete Verlust des aktuellen Jahres 2020 könnte dann sofort mit dem Gewinn und den gezahlten Steuern des Vorjahres 2019 verrechnet werden! Die Konsequenz wäre eine sofortige Rückerstattung der insgesamt „zu viel“ gezahlten Steuern durch das Finanzamt.

 Damit würde erreicht, dass die „Gewinner“ der Corona-Krise infolge der Steuerprogression ohnehin mehr Steuern abführen müssen, während die Verlierer für ihren derzeitigen Verlust durch Rückerstattung der im Vorjahr zu viel gezahlten Steuer sofort Liquidität bekämen, um ihre Insolvenz zu vermeiden. Dies wäre auch keine Geldverteilung mit der Gießkanne, sondern eine individuell entsprechend der korrekten Abgabe von Steuerklärungen geleistete Unterstützung. Sie würde dem Staat auch kein zusätzliches Geld kosten, weil die reduzierte Steuerzahlung im Folgejahr 2021 ohnehin anfallen würde. Die Maßnahme könnte aber sofort wirken und nicht erst in 12 Monaten, wenn es für tausende Betriebe zu spät wäre.

Diese Forderung des EWS wurde jetzt in Deutschland beschlossen.

Wer jetzt im Zuge der Corona-Krise Forschung und Entwicklung oder die Wiederansiedlungen von Unternehmen in der EU fordert, muss sich die Frage stellen, warum viele Unternehmen überhaupt Europa den Rücken gekehrt haben? Die meisten Standorte in Europa sind schlichtweg nicht wettbewerbsfähig. Nötig ist deshalb, die Rahmenbedingungen für Unternehmen in der EU zu verbessern. Investitionen lassen sich nicht staatlich verordnen, auch wenn sich manche Politiker dies wünschen. Verstaatlichungen oder die Gründung von Staatsbetrieben wären die falsche Antwort. Besser ist es, die Kräfte der Marktwirtschaft frei zu setzen. Nur wenn der Markt versagt, dann darf der Staat eingreifen. Es liegt aber kein Marktversagen vor, ganz im Gegenteil. Nicht nur in der Krise – sondern generell – sind die nationalen Regierungen und die EU in der Verantwortung, Anreize für wirtschaftliches Handeln und Investitionen zu schaffen, beispielsweise durch die Möglichkeit befristeter Sonderabschreibungen.

Die Kreativität der Politik darf sich nicht darauf beschränken, wie man jetzt in der Krise am besten Gelder breit verteilt, sondern, wie man trotz der Krise gezielt die Chancen auf künftiges Wachstum und Beschäftigung und damit Wohlstand für uns alle verbessert.

Nach dem Corona-bedingten Lock-down ist es jetzt an der Zeit, den Start-Knopf für die Wirtschaft zu drücken und so zu sagen den Turbo anzuwerfen.